Über REFINA
Die Verminderung der Flächeninanspruchnahme und Initiierung eines nachhaltigen Flächenmanagements ist eine zentrale Aufgabe der Nachhaltigkeitspolitik in Deutschland. Ihre Realisierung ist angesichts des im Vergleich zur Bevölkerungsentwicklung überproportionalen und viele Bereiche umfassenden Wachstums der Flächeninanspruchnahme für Siedlung und Verkehr dringend geboten.
Im Durchschnitt der Jahre 1997 - 2000 wurden bei einer nahezu gleich bleibenden Bevölkerungszahl von 82 Mio. Menschen bundesweit täglich 129 Hektar neuer Flächen für Siedlung und Verkehr in Anspruch genommen. Das entspricht mehr als der Fläche der Stadt München (310 km2).
Dies führt dazu, dass der Boden in seinen ökologischen Funktionen als Lebensgrundlage und Lebensraum für Menschen, Tiere und Pflanzen erheblich beeinträchtigt und z. T. irreversibel geschädigt wird. Darüber hinaus bewirkt die anhaltende Zersiedelung und Landschaftszerschneidung eine zunehmende Beeinträchtigung weiter Bereiche der Natur- und Kulturlandschaften und die Verinselung von naturnahen Lebensräumen mit weiteren negativen Folgen für die biologische Vielfalt.
Nicht weniger bedeutsam sind die ökonomischen, sozialpolitischen und städtebaulichen Probleme der Flächeninanspruchnahme. Der demografische Wandel der Gesellschaft (mit rückläufiger Einwohnerzahl, Alterung und Migration) stellt die Städte und Gemeinden schon heute vor enorme Herausforderungen. Bei der Aufrechterhaltung der gemeindlichen Infrastruktur für die Ver- und Entsorgung entstehen vielerorts erhebliche ökonomische Risiken.
Die nationale Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung zielt aus diesem Grund mit einer Doppelstrategie darauf ab, einerseits die Flächeninanspruchnahme durch neue Siedlungs- und Verkehrsflächen auf 30 ha pro Tag im Jahr 2020 zu vermindern und andererseits auf eine qualitative Verbesserung der Flächeninanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrszwecke hin zu wirken.
Der Rat für nachhaltige Entwicklung (RNE) hat in seiner Stellungnahme "Mehr Wert für die Fläche: Das 'Ziel-30-ha' für die Nachhaltigkeit in Stadt und Land" auf die Unerlässlichkeit einer Trendwende hingewiesen. Hierzu hat die Bundesregierung ein umfassendes und praktikables Maßnahmenprogramm unter Berücksichtigung von ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Zielsetzungen erarbeitet, das im Bericht über die Umsetzung der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie, Schwerpunktthema "Verminderung der Flächeninanspruchnahme" im Herbst 2004 veröffentlicht wurde.
Mit ausgewählten Fördermaßnahmen wie z.B. dem BMBF-Förderschwerpunkt "Modellhafte Altlastensanierung" (Abschluss 2000), dem BMBF-Förderschwerpunkt "Stadtökologie" (Abschluss 2000), dem BMBF-Ideenwettbewerb "Stadt 2030" (Abschluss 2004), dem laufenden Förderschwerpunkt "Sozial-ökologische Forschung" mit seinen u.a. stadt- und infrastrukturpolitischen Schwerpunkten, dem Förderschwerpunkt "Zukunftsverträgliches Wohnen in Stadt und Region" als Teil des Forschungsprogramms "Bauen und Wohnen im 21. Jahrhundert" (pdf, 524 kB), aber auch mit den Ressort-Forschungsprogrammen des BMVBS wie dem "Experimentellen Wohnungs- und Städtebau" (ExWoSt), den "Modellvorhaben der Raumordnung" (MORO) sowie dem Umweltforschungsplan des BMU wurde mit der Schaffung der hierfür notwendigen wissenschaftlichen Grundlagen begonnen. Im Ergebnis lag eine Vielzahl von Einzelforschungsergebnissen zur räumlichen Struktur der Siedlungsflächenentwicklung und zu den Anforderungen an eine nachhaltige Flächennutzung vor. Diesen Forschungsergebnissen und Lösungskonzepten stand jedoch häufig ein Umsetzungsdefizit gegenüber.
Auf zwei gegenläufige räumliche Entwicklungsrichtungen wurde in den Untersuchungen hingewiesen:
- In bereits hochverdichteten Agglomerationen mit hohem Wirtschaftswachstum ist neues Bauland kaum verfügbar. Die Flächeninanspruchnahme konzentriert sich mengenmäßig auf die stadtnahen Randgebiete. Gerade dort werden zahlreiche neue Einfamilienhausgebiete errichtet. Parallel entstehen flächenzehrende Handels- und Dienstleistungsgebiete sowie Flächen für das produzierende Gewerbe. Andererseits besteht ein erhebliches, vielerorts zunehmendes Potenzial an innerstädtischen Brachflächen, deren Wiedernutzbarmachung ermöglicht werden muss.
- In den sich entleerenden Räumen mit geringem Wirtschaftswachstum sinken die Siedlungsdichten, die öffentliche und private Infrastruktur wird weniger ausgelastet und deren Aufrechterhaltung kostspieliger. Gleichzeitig nimmt die Flächenproduktivität (Wertschöpfung je Fläche) und Flächeneffizienz (Arbeitsplätze je Fläche) ab. Mit der zusätzlichen Ausweisung von neuen Gewerbegebieten in solchen Räumen sollen oftmals Chancen wirtschaftlicher Entwicklung geschaffen werden. Jedoch erfordern ein Überangebot an Gewerbeflächen wie auch eine nachlassende Nachfrage einen realistischen Umgang mit den tatsächlichen Entwicklungspotenzialen.
Die aufgezeigten Entwicklungen werden von gravierenden Umstrukturierungsprozessen in der Gesellschaft flankiert. So üben beispielsweise der bereits erwähnte demographische Wandel oder auch die Globalisierung von Produktionsprozessen, aber auch von Anlagevermögen einen erheblichen Einfluss auf die Entwicklung der Wirtschaftsstandorte und damit auf die Flächeninanspruchnahme aus.
Der Förderschwerpunkt REFINA leistete einen Beitrag dazu, die Grenzen und Risiken einer wachsenden Flächeninanspruchnahme sowohl in quantitativer wie auch in qualitativer Art zu erkennen und Strategien zu ihrer Reduzierung zu entwickeln sowie Chancen optimal zu nutzen. REFINA endete am 30.3.2012, die Internetseiten zum Projekt werden seidem nicht mehr aktualisiert und geben den Forschungsstand von 2012 wieder.